Saal des Diomedes

Last Updated: Dezember 17th, 2023By Tags: , Published On: April 18th, 2018Categories: Glyptothek, MünchenDaily Views: 1
Münchner König (295)
Kopf einer Statue des Kriegsgottes Ares
Torso der Göttin Aphrodite (208)

Von Archaisch bis Klassisch

Der Saal des Diomedes repräsentiert die Werke der griechischen Klassik. Da aber die meisten griechischen Originale aus Bronze waren und daher fast alle wegen ihres wertvollen Materials zerstört wurden, zeigt der Saal vor allem römische Kopien der griechischen Originale. Selbst die einzige Bronze des Saales – der Kopf eines Jünglings mit Siegerbinde – stammt aus römischer Zeit. Benannt ist der Saal nach einer Statue des Diomedes, einer der Helden vor Troja.
Bald nach 500 vor Christus vollzieht sich in der griechischen Kunst ein einschneidender Wandel. Die archaische Stilformel hat nicht überlebt und wird durch eine neue ersetzt, die wiederum für fast zwei Jahrhunderte Bestand haben wird. Die Zeit vom Beginn der Perserkriege bis zum Tod Alexanders des Großen im Jahr 323 v. Chr. bezeichnen wir heute als „klassisch“. Der Begriff ist römisch und beinhaltet eine Wertung: Man sah die Klassik als vorbildhaft und verbindlich an und gab ihr den Vorrang vor allen anderen Epochen der griechischen Kunst.

Bildimpressionen aus der Glyptothek. Alle Fotos © Janka Heissinger (Janka4Travel).
Texte entnommen den Hinweistafeln der Glyptothek.

Der Anspruch klassischer Kunst besteht darin, ideal geformte Körper zu zeigen, die stark bewegt sind und gleichzeitig harmonisch in sich ruhen. Der Wechsel von der archaischen zur klassischen Zeit lässt sich formal und stilistisch am besten an Statuen wie dem Münchner König (295) fassen: Die auffälligste Veränderung stellt das neue, klassische Standmotiv dar.
Während sich bei der archaischen Statue das Gewicht gleichmäßig auf beide Beine verteilt, wird der jetzt stärker bewegte Rumpf in erster Linie vom aufragenden „Standbein“ getragen. Das angewinkelte „Spielbein“ hingegen ist zur Seite oder leicht nach hinten gesetzt und stabilisiert nun lediglich das labile Gleichgewicht der Figur. Zum Ausgleich macht der Oberkörper eine Gegenbewegung. Diese neue Stilformel bezeichnen die Archäologen als „Kontrast“.

Bei Frauenfiguren (208) lässt sich grundsätzlich eine ähnliche, weitgehend parallel verlaufende Entwicklung wie beim nackten männlichen Körper beobachten. Doch sind weibliche Statuen bis ins späte 4. Jahrhundert vor Christus hinein stets in ein Gewand gehüllt. So kann man die Veränderungen beim Stand- und Bewegungsmotiv, beim Körperbau sowie bei der Oberflächenmodellierung nur indirekt am Faltenwurf der Geänderten ablesen. Die reichen Gestaltungsmöglichkeiten, die sich auf diesem Feld ergaben, nutzten die griechischen Bildhauer allerdings in ebenso ausgreifender wie virtuoser Form.

Gegen Ende des 5. Jahrhunderts v. Chr. gewinnt die formvollendete Darstellung von Bewegungsmotiven und Körperrhytmen den Vorrang vor dem Bemühen, organische Zusammenhänge möglichst präzise und realitätsnah zu erfassen (247). Die in der frühen Klassik noch sachlich motivierte innere Bewegung des Körpers ist jetzt in eine rhythmische S-Kurve umgesetzt.