Ägypten
Staatliches Museum Ägyptischer Kunst
Raum: Nubien & Sudan
DIE ÄGYPTER NANNTEN NUBIEN DAS „KÖNIGREICH KUSCH“
Nubien vermittelt zwischen Ostafrika, der Wiege der Menschheit, in der die menschliche Evolution einen ihrer Höhepunkte findet. Letztendlich wird damit auch die Verbindung Europas mit Afrika thematisiert.
Es waren die Goldvorkommen der nubischen Wüste, die das Land für den großen Nachbarn im Norden so interessant machten; vermutlich leitet sich sein Name vom altägyptischen nub = Gold ab. Vielfältig sind die afrikanischen Einflüsse, die sich vor allem in der Frühphase Altägyptens aufspüren lassen: Rituale, Aussehen uns Wesenszüge einzelner Gottheiten, die gleichrangige Stellung der Frau wurden vom Sudan angeregt und beeinflusst.
NEOLITHISCHE KULTUREN
Nach jüngsten Grabungsergebnissen gehen die vorgeschichtlichen Kulturen des Sudan denen Ägyptens zeitlich voran, existierte im Süden eine hochstehende Keramikproduktion mehrere Jahrhunderte vor vergleichbaren Entwicklungen in Ägypten. Bislang weitgehend unbekannte Beispiele dieser qualitätvollen Ware, die als Grabbeigaben verwendet wurden, stehen am Beginn dieser Ausstellung. In Bereich der Keramik wird Nubien über die Jahrtausende hinweg Ägypten überlegen bleiben. Am Anfang steht das Khartum-Neolithikum, meist nach seinem Hauptfundort südlich des 6. Kataraktes es-Schaheinab benannt.
Die Funde reichen bis in das 6. Jahrtausend hinauf. Weitere wichtige Fundplätze sind das frühneolithische (5. Jahrtausend v. Chr.) Kadero, am nördlichen Stadtrand von Khartum gelegen, dem sich in der ersten Hälfte des 4. Jahrtausends v. Chr. el-Kadada in der Gegend von Shendi, etwa 180 Kilometer nilabwärts, anschließt. Parallel dazu konzentrieren sich in den letzten Jahren die Untersuchungen im Norden bei Kadruka unterhalb des 3. Kataraktes. Im Jahr 2006 wurden in unmittelbarer Umgebung von Kerma sogar Scherben aus spätpaläolithischer Zeit, aus dem 10.-9. Jahrtausend v. Chr., gefunden.
Die vorgeschichtlichen Kulturen des Sudan gehen denen Ägyptens zeitlich voran: Im Süden gab es eine qualitätvolle Keramikpro-duktion mehrere Jahrtausende vor vergleichbaren Entwicklungen in Ägypten. Im Bereich der Keramik wird Nubien über die Jahrtausende hinweg Ägypten überlegen bleiben.
Am Anfang steht paläolithische Keramik aus der Region Kerma (10./9. Jahrtausend v. Chr.), gefolgt vom Khartum-Neolithikum des 6. Jahrtausends v. Chr. Weitere wichtige Fund-plätze sind das frühneolithische (5. Jahrtausend v. Chr.) Kadero, am Stadtrand von Khartum gelegen, el-Kadada (nahe Meroe) und Kadruka weiter nördlich am Dritten Katarakt. Die meisten Funde stammen aus den Gräbern ausgedehnter Friedhöfe, deren Gliederung einen Rückschluss auf die Struktur der neolithischen Gesellschaft erlaubt. Zum ersten Mal gibt es Gräber mit einem runden Grundriss, was für die nächsten zwei Jahrtausende ein Charakteristikum nubischer Kulturen sein wird. Neben der Keramik finden sich Waffen und Geräte sowie erste Beispiele einer bereits hoch entwickelten Rundplastik in Stein und Keramik. Die ausschließlich weiblichen Figuren betonen die sekundären Geschlechtsmerkmale.
DAS KÖNIGREICH VON MEROE
Gegen 300 v. Chr. ist es vermutlich zu einem Wechsel in der Führungsschicht des Reiches von Napata gekommen. Nach griechischer Überlieferung soll König Ergamenes den Einfluß der Amun-Priester gebrochen haben; er verlegt die königliche Nekropole von Nuri nach Meroe, wo zuvor bereits Mitglieder der königlichen Familie bestattet worden waren.
Neben den Tempeln für ägyptische Gottheiten wie den Amun-Tempeln von Meroe und Naga werden nun auch Heiligtümer für einheimische Götter wie den löwenköpfigen Apedemak in Musawwarat es-Sufra und Naga erbaut.
Dem Königreich von Meroe steht in Ägypten zunächst das Ptolemäer-Reich nach der Eroberung des Landes durch Alexander den Großen (332 v. Chr.) gegenüber, später wird es eine Randkultur des römischen Imperiums. Um 275 v. Chr. erobert Ptolemaios II. Unternubien und sendet Erkundungs- und Tierfangexpeditionen weiter nach Süden. Ein Aufstand in Oberägypten (204-185 v. Chr.) bringt das Reich wieder in den Besitz von Unternubien einschließlich der Insel Philae, dem Zentrum des Isis-Kultes, der für Ägypter und Meroiten von großer Bedeutung war.
Nach der Eroberung Ägyptens durch Augustus (31 v. Chr.) dringen römische Truppen im Jahr 24 v. Chr. bis nach Napata vor, in der Folge wird jedoch ein für Meroe günstiger Frieden geschlossen und Unternubien wird als Pufferzone zwischen Meroe und Rom aufgeteilt.
Der Blick auf den antiken Sudan erweitert und verändert das traditionelle Bild der Geschichte des Niltals, das ganz vom Alten Ägypten geprägt ist.
Nubien, das Gebiet zwischen dem 1. Katarakt im Norden und dem Zusammenfluß von Weißem und Blauen Nil im Süden – wo heute die moderne Hauptstadt des Landes, Khartoum, liegt, – stand stets im Schatten des Pharaonenreiches, von dem es in einigen Epochen beherrscht wurde. Ein wichtiger Grund hierfür ist sicher in der Schriftlosigkeit der nubischen Kulturen zu finden, die erst im 2. Jahrhundert v. Chr. eine eigene Schrift entwickelt haben; vorher verwendete man die ägyptischen Hieroglyphen.
Diesem Schicksal einer Geringschätzung begegnete Nubien ein zweites Mal in der Neuzeit: Die Ägyptologie als von ihrer Wissenschaftsgeschichte her gesehen philologisch geprägtes Fach folgte gewissermaßen dem Urteil der alten Ägypter und interessierte sich nur am Rande für das antike Nubien. Die Eigenständigkeit seiner Kulturen wurde einerseits gering geachtet oder sogar übersehen; die Einbindung Ägyptens in den schwarzafrikanischen Kulturkreis ist andererseits bislang kaum Gegenstand wissenschaftlicher Forschung gewesen.
GOLDSCHATZ DER AMANISHAKHETO
Der Schatz einer meroitischen Königin, die im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung lebte, besteht aus einer Vielzahl der unterschiedlichsten Schmuckstücke: Oberarmreifen und Schildringe, Ketten, Anhänger und Armbänder sowie Siegelringe.
DAS BILD DER NUBIER IN ÄGYPTEN
Im Weltbild der Ägypter ist Pharao der Herr der Welt, und die Vertreter der Fremdländer müssen die ritualisierte Rolle des Feindes übernehmen, unabhängig von der historisch-politischen Lage. Während die Position des nördlichen Gegners je nach Zeitstellung wechseln konnte, bleibt der südliche Feind stets derselbe: der Nubier. Als der Unterle-gene, der Elende von Kusch, auf den man geringschätzig herabblickt, wird er nie als gefährlicher Feind dargestellt, der eine echte Bedrohung wäre. In Relief und Skulptur werden die charakteristischen Züge des Nubiers wie die aufgeworfenen Lippen oder die flache Nase hin zur Karikatur übertrieben, nicht zynisch-boshaft, eher spöttisch-gutmütig.
Im Alltagsleben waren nubische Ammen und Diener begehrte Kräfte in vornehmen Haushalten und werden häufig im Umfeld der Kosmetik dargestellt, bei Schminklöffeln oder Gefäßen zur Aufbewahrung von Salben oder Augenschminke. Über diese Funktion wurden die Nubier zu „guten Geistern“ im Haus-halt, denen schützende Kräfte zugeschrieben wurden und die deshalb auch in Amuletten Gestalt annehmen konnten. Gleiches gilt für die aus dem Süden stammende Meerkatze, die als Haustier gehalten wurde.