MARC AUREL, LUCIUS VERUS UND COMMODUS
Marc Aurel (reg. 161-180 n. Chr.) setzte zu Beginn seiner Regierung seinen jüngeren Adoptivbruder Lucius Verus als Mitkaiser ein. Damit wollte er die Herrschaft seines Hauses fest verankern. Außerdem hatten der Kaiser und seine Frau Faustina Minor einen leiblichen Sohn, Commodus, der ihnen in der Herrschaft nachfolgte. Damit war die nahezu 100 Jahre währende Zeit der Adoptivkaiser beendet.
Marc Aurel gilt als Philosoph auf dem Kaiserthron. Seine bis heute viel gelesenen Selbstbetrachtungen zeugen vom Streben nach einem guten und vorbildhaften Leben in einer von Kriegen geprägten Zeit. Voluminöses, mit dem Bohrer aufgelockertes Haupt- und Barthaar kennzeichnet sein Porträt mit den für ihn charakteristischen blassen Gesichtszügen. Die Brauen sind hochgewölbt, die Oberlider hängen weit über die Augen herab – ein individuelles Merkmal, das sein Sohn Commodus erbte.
Auch Marc Aurels Stiefbruder Lucius Verus besitzt auffällige physiognomische Eigenheiten: Seine Augen liegen dicht unter den flachen Brauen, so dass von den Oberlidern nur ein schmaler Streifen sichtbar bleibt. Das Porträt des Lucius Verus verkörperte ein für jene Zeit besonderes männliches Schönheitsideal. Aus den antiken Schriftquellen erfahren wir, dass er sein Haar sogar mit Goldstaub puderte. Marc Aurels Sohn Commodus entpuppte sich als ausgesprochener Tyrann, der schließlich einem Attentat zum Opfer fiel. Das Porträt in der Glyptothek zeigt ihn – wie seinen Vater und seinen Stiefonkel – mit krausem Haar und Bart.
Faustina Minor
Faustina Minor, die Frau des Marc Aurel, brachte insgesamt 13 Kinder zur Welt, von denen sieben die frühe Kindheit nicht überlebten. Nach der Geburt des ersten Kindes wurde Faustina im Jahr 147 n. Chr. der Titel einer Augusta verliehen. Zugleich erhielt sie das Münzrecht, und der erste von insgesamt elf Bildnistypen wurde entworfen. Ihm folgen zwei Marmorporträts in der Glyptothek: Die 17-jährige Faustina hat ein makellos glattes Gesicht, kleine klare Augen und einen kleinen, weichen Mund sowie markante Augenbrauen. Charakteristisch für ihre Frisur ist das Stirnhaar, das wahlweise in je drei oder vier große Haarschlaufen auf beiden Seiten aufgeteilt ist. Am Hinterkopf befindet sich bei dem einen Kopf (GL 408) ein Haarnest. Bei dem anderen (GL 535) hing das Haar ursprünglich lang in Strähnen herab, die beiderseits jeweils eine Schlaufe bildeten.
Als erste Frau im Staat nahm Faustina Minor eine zunächst staatspolitisch symbolische, dann eine konkrete Mutterrolle ein. Ihre Porträts hatten einen Vorbildcharakter für die Bildnisse anderer Frauen im Römischen Reich. Das gilt auch für jene vornehme Dame, deren Porträtstatue sich uns erhalten hat. Sie trägt eine Tunika mit geknöpften Ärmeln, darüber die Stola und einen weiten Mantel. Dieser bedeckt ihr Haupt und bildet vor dem Bauch einen großen Bausch. Die beiden Arme waren ehemals eingesetzt. Der über den Kopf gezogene Mantel kann vielseitig gedeutet werden, steht aber zumeist für die Frömmigkeit der Dargestellten.
Hadrian
Auf der Grundlage der erfolgreichen Expansionspolitik Kaiser Trajans versuchte sein Nachfolger Hadrian (reg. 117-138 n. Chr.), mit diplomatischen Mitteln die eroberten Grenzen zu konsolidieren. Ausgestattet mit reichen geistigen Gaben widmete sich Hadrian neben seinen Regierungsgeschäften auch der Literatur, den Künsten, der Philosophie und der Geschichte.
Im Gegensatz zu Trajans glatt rasiertem Bildnis mit der schlichten Kappenfrisur ließ sich Hadrian in seinen Porträts mit einer langen Locken-frisur und mit kurzem Vollbart darstellen. Quellen berichten, er habe mit dem Bart Gesichtsnarben verdecken wollen. Vielleicht handelte es sich aber auch um einen Soldatenbart. Jedenfalls begründete Hadrian damit die Tradition des bärtigen Kaiserporträts, die bis zum Bildnis Konstantins Anfang des 4. Jahrhunderts n. Chr. Bestand haben sollte.
Hadrians große Liebe galt Antinoos, der im Oktober 130 n. Chr. auf tragische Weise im Nil ertrank. Eine Oberkörperbüste zeigt den Jüngling in zeitloser Schönheit. Das Individuelle seiner Physiognomie ist zurückgenommen zugunsten einer Idealisierung, die durch seine eindrucksvolle Lockenfrisur unterstrichen wird.
Apollodor von Damaskus, der berühmte Baumeister Trajans, fiel bei Hadrian in Ungnade. Ihm zugeschrieben wird eine mit seinem Namen beschriftete, vollständig erhaltene Bildnisbüste. Das Porträt zeigt einen entschlossen nach rechts blickenden Mann mittleren Alters mit breit geschnittenem Bart und dichten Haarsträhnen.