Domitian
Domitian (81-96 n. Chr.) regierte länger als sein Vater und sein Bruder zusammen. Wie zuvor schon Caligula oder Nero bemühte er sich, die Macht der alten senatorischen Familien zu brechen, und schuf sich so viele Feinde. Er forderte zum Beispiel, mit dem Titel Kaiser und Gott angesprochen zu werden, um der Autorität seines Amtes eine zusätzliche, die Macht sichernde religiöse Komponente zu verleihen.
In seinen Porträts ähnelt Domitian seinem Bruder Titus, doch hat er einen weniger vierschrötigen Kopf. Sueton beschreibt ihn als schlank, mit einem besonnenen (modestus) Gesichtsausdruck.
Die Glyptothek besitzt zwei Porträts des Domitian, die beide aus Nerobildnissen umgearbeitet wurden. Nach seinem Tod war Nero der damnatio memoriae verfallen: Sein Andenken sollte ausgelöscht, alle Inschriften mit seinem Namen getilgt, alle Porträts gestürzt werden.
Seine Statuen entfernte man deshalb aus dem öffentlichen Raum und zerstörte sie häufig sogar. Manche Standbilder arbeitete man aber auch um und gab ihnen neue Porträtzüge, zumeist die des Domitian. Dies gelang nicht immer perfekt. Das Münchner Domitiansbildnis besitzt immer noch den neronischen Hinterkopf, und auch die Stirn ist niedriger als bei anderen Porträts des flavischen Kaisers. Die Statue, die ursprünglich Nero in heroischer Pose und vermutlich als Sonnengott Sol darstellte, trägt heute ebenfalls die Gesichtszüge Domitians.
Flavische Frisuren
Die Bildniskunst zur Zeit der Flavier besaß eine besondere Ausdrucks-stärke. Die Frauenmode hatte sich von den vergleichsweise schlichten Frisuren julisch-claudischer Tradition abgewandt und arbeitete nun mit pompösen Haarteilen und komplizierten Geflechten. Nicht ohne Grund spricht man heute bei der Charakterisierung des Epochenstils vom flavischen Barock.
Auch die Männerfrisuren wurden abwechslungsreicher. Es gab zwar noch die Stufenfrisur, die schon Nero getragen hatte, daneben existierten aber diverse andere Haarschnitte, bei denen die einzelnen Strähnen und Locken teils streng, teils lässig in die Stirn fielen. Die Gesichtszüge waren individuell gehalten, doch offenbarten sie meist keine übertriebenen Altersmerkmale. Nur selten umspielte ein Lächeln die Lippen. Man legte wohl keinen besonderen Wert auf eine freundliche Erscheinung. Das für die Ewigkeit gedachte Ahnenbildnis sollte schließlich kein Abbild eines netten Vorfahren sein. Vielmehr fungierte es als zeitloses Würdezeichen der Familie, dem man mit höchstem Respekt gegenübertrat.
BÜRGER TRAJANISCHER ZEIT
Die Zeitgenossen Trajans übernahmen in ihren Bildnissen oft die Frisur des Kaisers, bisweilen auch Elemente seiner Gesichtszüge, so dass man durchaus von trajanischen Zeitgesichten sprechen kann. Andererseits trug man im Porträt auch modische Elemente zur Schau, die sich in den Porträts des Kaisers nur bedingt wiederfinden.
Eine mit voluminöseren Strähnen angelegte und mit einer stufigen Lockenwelle versehene Frisur besitzt das Porträt eines jungen Mannes mit Lorbeerkranz (GL 359). Diese Gestaltung belegt, dass es gerade bei jungen Leuten im frühen 2. Jahrhundert n. Chr. eine Vielfalt an Mode-und Luxusfrisuren gab.
Eindeutig als Priester zu identifizieren ist das Porträt eines bärtigen Mannes (GL 341). Er trägt die typische, um den Hals gebundene und die Ohren freilassende Lederkappe der flamines. Die Porträtbüste eines Mannes im besten Alter mit energischer Kopfwendung (GL 415) ist in künstlerischer Hinsicht herausragend. Die markanten Gesichtszüge erinnern an Trajan. Als individuelle Merkmale können die fein eingeritzten Krähenfüße und die plastisch hervortretenden Adern an den Schläfen gewertet werden. Die nur mit einem knappen Stoffbausch versehene nackte Büste eines älteren Mannes (GL 414) knüpft inhaltlich an die Statuen heroischer Krieger an und betont mit ihrer Aufmachung den Aspekt der männlichen Tüchtigkeit.
Trajan und Plotina
Trajan (reg. 98-117 n. Chr.) galt bis in die Spätantike hinein als der beste römische Kaiser (optimus princeps). Mit ihm erlebte das Römische Reich den Höhepunkt seiner Macht. Zudem begründete er die Dynastie der Adoptivkaiser, die bis zum Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr. währen sollte.
Die Büste der Glyptothek (GL 335) zeigt ihn mit der Bürgerkrone. Um die nackte Brust liegt ein Schwertband. Auf seiner linken Schulter ruht die Aigis, ein goldenes Ziegenfell als Zeichen Jupiters, des obersten römischen Gottes.
Der kolossale Porträtkopf (GL 336) gehörte wohl zu einer Panzerstatue und ist rund zehn Jahre nach dem Regierungsantritt Trajans entstanden.
Charakteristisch ist die Frisur mit den sichelförmig gebogenen, gleichförmigen Stirnhaarsträhnen. Sie wurde gerne von Zeitgenossen jeden Alters nachgeahmt, so beispielsweise auch von einem Knaben, dessen Porträt hier ausgestellt ist (GL 505).
Trajans Ehefrau Pompeia Plotina hingegen besticht durch ihre kunstfertige und zugleich einfache Frisur. Über dem die Stirn rahmenden Lockenband türmen sich die Haare in zwei gestaffelten Rollenreihen.
Dazwischen steckt ein Zackendiadem. Am Hinterkopf ist das Haar in Bahnen aufgeteilt und eingedreht. Plotina galt als Intellektuelle. Den Untertanen präsentierte sie sich als Verkörperung altrömischer Tugenden wie Keuschheit und Schamhaftigkeit.